Orgel- und Blechbläserklänge mit zeitgenössischen Werken
Rückblick auf das Frühjahrskonzert 2011 des Bläserensembles Rüppurr-Brasspur
Zeitgenössische Werke für Orgel und Blechbläser standen im Mittelpunkt des Frühjahrskonzerts des Bläserensembles Rüppurr-Brasspur am 14. Mai 2011 in der evangelischen Auferstehungskirche Karlsruhe-Rüppurr. Trotz der zeitgleich stattgefundenen „Eurovision Song Contests“ fanden immerhin etwa 70 Zuhörerinnen und Zuhörer den Weg zu der kurzweiligen Veranstaltung des zehnköpfigen Bläserensembles mit dem Titel „Ottone con organo“ unter Leitung von Kantor Dieter Cramer. Belohnt wurde die Zuhörerschaft mit außergewöhnlichen und vor allem selten aufgeführten Werken sowohl mit als auch ohne Orgel.
Zunächst etwas verhalten begann das Ensemble das Konzert mit mehreren Sätzen aus der Suite D-Dur des britischen Komponisten Jeremiah Clarke, doch spätestens beim letzten Satz, dem berühmten „Prince of Denmark’s March“, erreichte die Gruppe wieder sicheren Boden, den sie bis zum Ende des Konzerts nicht mehr verließ. Ein besonderer Akzent wurde von Thilo Mayer gesetzt, der bei einzelnen Sätzen die Pauken sauber und präzise erklingen ließ.
Anschließend begaben sich die Ensemblemitglieder – mit vielen Zuhörerinnen und Zuhörern im Schlepptau – hinauf zur Empore und dort rund um Dieter Cramer an der Orgel – das erste Werk für Blechbläser und Orgel, die „Symphonische Suite“ von Traugott Fünfgeld stand an. Fünfgeld, Jahrgang 1971, Kantor und Komponist aus dem süddeutschen Raum, schuf mit diesem Werk einen wahren Ohrwurm mit vielschichtigen, jazzigen und manchmal sogar „lachenden“ Klängen. Und auch das Bläserensemble hatte zuweilen sichtlichen Spaß an der Aufführung, badete sich in der weitreichenden Dynamik und dem runden Klang zwischen den klaren Bläser- und den rhythmischen Orgeltönen und genoss den duftigen Raumklang, mit dem die Suite förmlich ausgehaucht wurde.
Das zweite Werk für Bläser und Orgel, eine Suite des britischen Komponisten Chris Hazell mit dem Titel „From Age to Age“, war eine besondere Herausforderung für das Ensemble. Insbesondere der erste Satz, dem „Renaissance Dance“ mit seinen ständigen Takt- und Melodiewechseln und der dadurch verursachten „Unruhe“, die von kräftigen Orgelrhythmen noch verstärkt wurde, verlangte von jedem einzelnen Bläser, aber auch von manchem Zuhörer, volle Konzentration ab. Wesentlich ruhiger und melodiöser ging es im zweiten Satz, der „Romance“ zu, bevor das Finale mit wuchtigen Fanfare-Klängen in Form einer barocken Toccata einen markanten Schlusspunkt setzte. Erst nachdem der letzte Nachhall verklungen war, bedachten die Zuhörerinnen und Zuhörer die Aufführung dieses ungewöhnlichen Werks mit viel Applaus.
Zurück im Altarraum bot das Bläserensemble nochmals Musik aus der Feder von Chris Hazell. Zwei Sätze aus „Gospel Hall“, der musikalischen Beschreibung eines Kirchgangs, standen an. Bewusst setzte das Ensemble dabei auf Gegensätze – dem erwartungsvoll-fröhlichen „Welcome“ mit einer Mischung aus Choral und Einzugsmarsch sowie einer Hymne mit großer Dynamik, weichen Tönen und getragener Melodie. So war der ruhige, fast entrückt wirkende Ausklang dieser Hymne als Schlusspunkt des Konzerts so außergewöhnlich wie das ganze Konzert selbst. Das Bläserensemble bedankte sich bei der kräftig klatschenden Zuhörerschaft mit „Mr. Jums“, einer von Chris Hazell musikalisch beschriebenen, bei ihm wohnenden Hauskatze.
Das Bläserensemble Rüppurr-Brasspur, zu dessen Spezialitäten mittlerweile Musik für Blechbläser und Orgel gehört, bot in seiner jüngsten Aufführung vornehmlich Werke zeitgenössischer Komponisten. Der geringe Bekanntheitsgrad dieser Werke hängt wohl unmittelbar mit der geringen Zahl der Zuhörer zusammen. Bleibt zu hoffen, dass sich die besondere Qualität der dargebotenen Bläser- und Orgelmusik insbesondere auch in Zusammenhang mit selten aufgeführten Werken herumspricht.
Ralf Stocker